Rafi Bellaharani lebte mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern von 17 und 20 Jahren in Farahzad,
einem der ältesten Viertel in Westteheran, worauf er sich aber nicht viel
einbildete. Es war ein Samstag, als er von einem kleinen Einkauf schon fast
seine Wohnung erreicht hatte, als ihn von hinten jemand mit einem Stock in die
Kniekehle schlug und davonlief. Bellaharani stürzte zu Boden, stand wieder auf, klopfte sich den Dreck aus seinem Anzug, sammelte die Packungen mit
dem Fleisch, dem Mehl und den Berberitzen zusammen, die sich aus seiner Tüte
über die Straße verteilt hatten, und ließ einen Passanten erzählen,
wie sich der Vorfall aus dessen Sicht zugetragen hatte.
Der Alte faselte irgendwas Verworrenes. Bellaharani hörte bald schon nicht mehr hin, sondern musste stattdessen immer zu daran denken, dass
Sara, seine Frau, gerade am Kochen war. Sie hatte ihm am Morgen Vaavishkaa
versprochen, was ihn gleich stutzig gemacht hatte. So simpel sich das Gericht zubereiten
lässt, war ihm doch nicht entgangen, dass es das leckere Vaavishkaa meistens
dann gab, wenn er noch etwas anderes zu verdauen hatte, etwas, dass sie, seine
Frau und seine Töchter, ihm gleich mitservierten.
Als Bellaharani nach Hause kam und in den Flur eintrat, duftete
es schon herrlich nach dem gebratenen Hackfleisch und den feinen Gewürzen. Am
Tisch im Wohnzimmer wartete bereits Zohreh, die jüngere der beiden, und sah ihn
mit ihren großen schwarzen Augen in einem ausdruckslosen Gesicht an. Bellaharani
blieb in der Tür stehen und suchte den Raum nach der älteren ab. „Wo ist Tahereh?“,
fragte er, da hörte er schon seine Frau von hinten kommen. „Setz Dich an den
Tisch“, sagte sie mit dem Gewicht der vollbeladenen Pfanne in der Stimme, „und
dann iss. Sie sitzt in der Küche und liest. Ich rufe sie gleich.“