Saturday, 25 April 2015

DANA JENNINGS

Ihre Hand glitt wie auf Eis über den Rock. Keine Makel an der Haut, nicht bei Dana Jennings, die sie pflegte, egal wie es um sie selbst stand. Fremd, zerrissen, müde, verkappt - draußen kam Wind auf.

Eine große, lange Falte hatte der Rock quer über den feinen Stoff auf dem linken Bein geschlagen. Mit der Hand strich sie Dana wieder glatt. Sie führte den kleinen Finger zum Mund und knabberte an seinem Nagel herum. Sie legte die Hand wieder in die andere und atmete gewaltig aus. Dabei rutschte sie auf der Stuhlkante nach vorne, zog das Bein vom anderen und stellte es parallel. Jetzt schimmerte der Rock, der sich über ihren Schoß spannte.

Jetzt schimmerten die Nägel an ihren Händen, die in ihm lagen. Jetzt schimmerte das Leder ihrer Schuhe, die sie trotz der hohen Absätze gerade auf dem Boden hielt, so dass sich ihre Füße verkrampften. Jetzt schimmerte der Lack des Telefons, in dem sich Danas Gesicht so unfassbar und fahl wie das eines Geistes spiegelte.

Monday, 6 April 2015

ALESSANDRO ZINGARELLI

Alessandro Zingarelli, Professor für Angewandte Wichtigtuerei an der Freien Universität zu Bozen, hatte es geschafft. Er war reich, er hatte ein riesiges Haus und das Auto mit dem lautesten Motorengeräusch in der ganzen Stadt. Zumindest da, wo vor allem die Italiener wohnten. Auf der Seite der Südtiroler fuhr ein gewisser Wolfgang Girtnbichler mit einem noch viel lauteren Motor durch die Gegend. Aber Alessandro Zingarelli wusste, das Richtige zu tun, um als der Beste dazustehen. Man kann sich also denken, dass er als Koryphäe auf seinem Gebiet galt, und das nicht nur in Italien.

Da Italien natürlich zudem noch weltweit als führend in der Angewandte Wichtigtuerei galt, kamen sehr angesagte Leute nach Bozen und zur Zweigstelle in Brixen. Nicolas Sarkozy zum Beispiel, dessen überschwängliche Begrüßung durch Alessandro Zingarelli in der Dolomiten Zeitung am darauffolgenden Tag genau andersherum ausfiel. Das Foto sprach Bände und hätte Sarkozy in Paris einige Wählerstimmen gekostet. Aber eben nur hätte, seine Teilnahme am Wochenendblockseminar bei Alessandro Zingarelli in Brixen war nicht umsonst. Also, nicht dass Sarkozy es nötig gehabt hätte . . .

Genauso wenig wie Marine Le Pen. Man schaue sich die Erfolge des Front National bei den jüngsten Departementswahlen an. Oh, werden Sie sagen, die Rechtsradikale. Aber Zingarelli wusste natürlich, die Teilnahme einer fragwürdigen Politikerin in wunderbare Werbung für sein Institut umzumünzen. Und so kamen noch andere nach Brixen. Die Liste ist sehr lang. Und wenn man Alessandro Zingarelli fragt, ist sie noch viel länger. Natürlich.