Friday, 20 November 2015

RAHI el-SAWI

Die saudischen Kampfjets kamen zu spät. Nachdem die Schergen des Islamischen Staates Mekka erobert hatten, stellten sie zwei kleine Camcorder auf und filmten sich dabei, wie sie mit einem Vorschlaghammer auf die Kaaba eindroschen. Die Wahhabiten schlugen die Hände über dem Kopf zusammen, eine Geste, die in Windeseile um die ganze Welt ging. In Europa und sogar in den USA fanden sich Tausende Menschen in dieser Haltung auf Demonstrationen gegen Gewalt ein. Es war ein Symbol dafür, dass der Terror durch den Islamischen Staat nichts, aber auch rein gar nichts, mit dem Islam zu tun haben solle.

Der IS schickte seinem Eroberungsfeldzug eine Warnung voraus, der der saudische König nur mediale Drohgebärden folgen ließ. Jetzt blieb es Sache islamischer Gelehrter, durch die Fernseher im Land zu sprechen und zu erklären, dass die Hadsch und das Berühren der Kaaba sehr wohl heilig und im Sinne des Propheten seien. Sie mussten das aufgebrachte Volk beruhigen. Mehr passierte vorerst nicht, der IS war schließlich nicht shiitisch. Die Terrormiliz hatte das Anbeten eines Steines als Gotteslästerung bezeichnet, auf die als Strafe nur der Tod folgen könne, ihn zerstört, und das war's.

„So ein Unsinn“, sagte die Lehrerin zu Rahi und hielt ihr stoisch das Kopftuch hin. Die Ausrede mit der Polyester-Allergie hatte nicht geholfen. Dafür hatte sich der Gesichtsausdruck der Lehrerin verändert, die jetzt noch viel verknöcherter als sonst Mohammeds Gesetze zitierte. Das Gesicht einer Frau, die innerhalb der Mauern alles bestimmte, sich außerhalb aber hinter billigem Stoff versteckte, hinter Stoff, der an so vielem Schuld sei, wie es plötzlich aus Rahi herausbrüllte. „Ihr könnt den IS vielleicht besiegen, aber das da macht es, dass es immer wieder einen neuen geben wird. Und daran wird sich nie etwas ändern!“

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"Rahi" bedeutet Frühling.

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