Nadjinka rieb sich ihre Füße unter der Wolldecke
warm. „Chinesen schmatzen, wenn sie essen“, sagte sie, ohne es jemals selbst
erlebt zu haben. Sie hatte Russland noch nie verlassen und noch nie einen
Chinesen gesehen, bevor sich in Surgut ihre Kabinentür geöffnet hatte und zwei
Geschäftsmänner aus der Mandschurei hereinkamen, dampfendheiße Nudelsuppe in den
Schüsseln. Boris Aljenko leckte hinter seinen geschlossenen Lippen über die
Schneidezähne und sah in die tief verschneite Taiga hinaus, in die sich der Zug
langsam vortastete. „Nadjinka, Nadjinka“, dachte er, aber die Chinesen schienen
offenbar nichts verstanden zu haben.
Sie saßen nur da, die Schüsseln auf ihrem
Schoß, und nahmen von Boris und seiner Frau keine Notiz. Nach einer Weile sagte
der eine etwas, so dass der andere laut auflachen musste. Da hatten sie gerade
die letzten Häuser passiert, vor deren Türen die Fußspuren im Schnee noch nach
Surgut wiesen. Sie waren noch soweit von Nadym entfernt wie der Sommer von
diesem Ort, und Boris teilte mit Nadjinka zunehmend den Missmut, über einen
halben Tag hinweg mit diesen beiden fremden Gestalten ihr kleines Abteil teilen
zu müssen. So sah es doch nun aus, oder etwa nicht, „Sie fahren doch nach Nadym?“,
fragte Boris den Chinesen ihm schräg gegenüber. Der aber reagierte nicht.
„Fahren Sie nicht nach Nadym?“, fragte Boris
ihn erneut. Auch Nadjinka sah sich jetzt nach ihnen um, und diesmal schauten
die Chinesen auf. Aber dann stand plötzlich der Schaffner in der Kabinentür.
Seine Fingerknöchel drückten sich weiß aus seiner Hand, mit der er die Rolltür
in ihrer Position hielt. „Es tut mir leid, wenn ich Ihnen das sagen muss, aber
wir werden nicht viel weiter als Kogalym fahren können.“ Der Schnee habe weiter
im Norden die Gleise verschluckt. Da gäbe es kein hin und zurück. Kogalym also.
Eine Woche, bis der Zug es erneut versucht. Und die Chinesen? „Nadym, Nadym“, sie
grinsten Boris an und zeigten auf sich selbst.
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