Wednesday 28 September 2011

Hungerstillen bei Cigköftem in Völklingen

Veggie-Döner mit Käse, Pommes oder Reibekuchen – ich kenne sie alle. Mir kann kein Koch mehr etwas vormachen. Wenn ich Neues kosten will, müsste ich schon um die halbe Welt reisen. So dachte ich bisher und bestelle etwas von der roten Paste, die die junge Türkin hinter dem Imbisstresen in Völklinger in „scharf“ oder „nicht scharf“ unterscheidet. Vielleicht Scharf? Sie sieht mich an. „Mm, besser nich' scharf“ antwortet sie lieber gleich selbst und schlüpft in zwei Plastikhandschuhe, um mir eine „halbe Portion“ zu kneten. Am Ende liegen zehn nach den Formen ihrer Finger gezackte Knödelchen vor mir auf dem Teller – vegane Köfte. Noch nie gehört. Köfte bestehen normalerweise aus Hackfleisch, aber das ging bis jetzt nie, ich bin ja Vegetarier. Dazu gibt es einen Rohkost-Baukasten, Pidebrot und eine eingepackte, feuchte Serviette. Weil ich nicht weiß, wie ich das jetzt essen soll, aber so tun will, als ob, warte ich, bis die Türkin wieder in einer Zeitschrift liest. Dann fix knülle ich alles zusammen und tauche die Spitze in ein Döschen mit dicker schwarzer Soße. Ich sperre den Mund auf und zack! Der erste Bissen packt mich in einen Flieger und bringt mich um die halbe Welt. Nach einer Viertelstunde bin ich wieder zurück. Ich tupfe die Soßenreste mit der feuchten Serviette von den Lippen, lege mir meine Tasche wieder um und bedanke mich laut für das leckere Essen. Und leise für die schöne Reise.

NEW: 2012 - The snack shop of Cigköftem in Völklingen doesn't exist anymore.

Friday 22 April 2011

Flimmertipp: THIS IS ENGLAND (UK 2006)

THIS IS ENGLAND spielt 1983 in einer ungenannten englischen Stadt in der Arbeiterklasse, ist aber zwanzig Jahre später gedreht. Der zwölfjährige Shaun lebt mit seiner Mutter in einem winzigen Reihenhaus. Er ist allein, kommt bei seinen Mitschülern nicht an und muss sich ständig wehren - zum Beispiel, weil er Schlaghosen trägt. Dann trifft er auf Woody und dessen Clique. Und los geht's. Die Reiseführung durch die tristen Bauten der Drehorte Notthingham und Grimbsy übernimmt Regisseur Shane Meadows, der seine Zuschauer an die Hand nimmt, ohne feste zuzupetzen

Das Erfrischende hier ist, dass neben dem üblichen Hergang eines so angesiedelten Films keine weiteren Klischees mehr bedient werden. Die Mutter von Shaun säuft weder noch nörgelt sie ständig rum, sondern ist warmherzig und erlaubt dem Rabauken den Kontakt mit den älteren Skins um Woody, Lol und Milky, dem Jamaicaner, seinen neuen Freunden. Die wiederum sind ja auch keine gemeingefährliche Truppe, sondern ein echter Freundeskreis, bei dem jeder auf seine Weise akzeptiert ist. Skins sind ja nicht mit Neonazis zu verwechseln, sondern eine unpolitische Bewegung, stets schöne Skamusik im Ohr und auf den Lippen.
Erst später taucht Combo samt hässlichen Kumpel auf, frisch aus dem Zuchthaus entlassen. Sie ziehen einige der Jungs und Mädels auf die rechte Seite und machen so aus den Skins Boneheads, wie man die rechten Skins nennt. Leider auch Shaun, der mit seinen zarten Zwölf den harten Worten noch nicht gefeit ist und tatsächlich glaubt, mit "Kanaken"-Sprüchen den Falkland-Tod seines Vaters rächen zu können. Es lohnt sich, nun anzusehen, was Shaun jetzt macht und ob er sich doch noch besinnt.

Die großen Stärken von THIS IS ENGLAND:
1. Der Vorspann mit zeitgeschichtlichen Bilder aus England zu feiner Skamusik von Toots & The Maytals.
2. Der Moment, in dem drei Mädels Shaun die Haare abrasieren.
3. Die Romanze zwischen dem durchweg symphatischen Zwölfjährigen und der 18-jährigen Smell.
4. Die Szene, in der Shaun und seine Mutter Doc Martens einkaufen gehen.
5. Der Soundtrack.

Es gibt übrigens eine Miniserie mit dem Titel THIS IS ENGLAND. Sie spielt drei Jahre nach dem eigentlichen Film mit den gleichen Personen. Soll sehr gut sein. Hält der Handel bereits in Form von zwei DVDs zu je etwa 16 Euro parat. Die DVD zum Film sollte nicht über zehn Euro kosten.

Monday 11 April 2011

Besuch bei der Zollfahndung

So geschehen am Frankfurter Flughafen, eines schönen Samstagmorgens. Ein Gedächtnisprotokoll. Monsieur Alex machte sich gerade auf dem Weg aus der Boing 747, die ihn sicher aus Argentinien zurück nach Deutschland gebracht hat, als ihn ein netter Herr fast ohne Haare aus der Menschenmenge winkt. Vielmehr greift dieser mit der Hand dazwischen und weist Alex raus. Hatte sich da gar ein Bekannter zur Überraschung an den Main aufgemacht? Nein. Monsieur Alex wirft einen Blick auf den verknickten Ausweis. Hätte er aber eigentlich gar nicht gebraucht, der fremde Herr sagte es schon von selbst, ganz unverblümt:
- Zollfahndung. Dürfte ich Sie kurz mal anhalten.
- Ja?
- Ich möchte ihren Reisepass sehen.
Alex kramt ihn aus seiner Tasche und reicht ihn rüber.
- Wie lange waren Sie unten?
- Unten?
- Wo kommen Sie gerade her?
- Aus Argentinien. Äh, drei Wochen.
Der Herr sieht sich die Stempel im hinteren Teil des Passes an und blättert.
- Sie waren aber schon oft dort unten.
- Och, es hält sich in Grenzen.
- Also, wenn ich da an unsereins denke. Dann könnte man ja glatt neidisch werden. Waren Sie beruflich dort?
- Nein.
- Urlaub.
- Urlaub.
- Haben Sie alle ihre Reisen zum Urlaub gemacht?
- Ja.
- Wie schön!
Pause. Der Herr blättert nun langsamer und schaut dabei schon gar nicht mehr auf die Seiten. Sondern auf Alex' Bauch.
- Hatten Sie Kontakt mit Drogen?
- Nein.
- Haben Sie Drogen dabei?
- Nein.
- Dann heiße ich Sie herzlich willkommen.

Alex empfiehlt in diesem Zusammenhang den Film: Maria voll der Gnade (Kolumbien 2005)


Nachtrag - zweite Passkontrolle im Gebäude:
Der Zollbeamte nimmt meinen Pass, schaut kurz rein, klappt ihn wieder zu, dreht ihn in der Hand und sagt:
- Schauen Sie mal, die Welle: Ihr Pass hat sich schon Ihrem Körper angepasst.

Das Lied der Stunde

Gestern noch nicht mal daran gedacht, heute bereits 500 Klicks drauf gemacht - Supervideo. Die Housemartins

http://www.youtube.com/watch?v=fvyhL3eV1vU

Friday 1 April 2011

Ein Mann fuer die Policia

Ich spazierte gerade mit einem flotten Liedchen auf den Lippen an einem imposanten Haeuserblock entlang, als zwei stolze Polizisten auf mich zu kamen und mit vorgehaltenem Ausweis um ein Momentchen baten.
"Si."
   Mein Koerper wars, den die Herren wollten.
"Denn mit so einer Statur und dieser Groesse", sagte der kleinere von beiden, sei mir eine schnelle Karriere bei der Polizei doch durchaus gewiss.
"Und das auch mit meinem schlechten Spanisch?"
   Doch da winkte der Mann schon wieder ab.
"Ach so, nein, das geht natuerlich nicht".
   Sprachs, laechelte troestend und ging mit seinem Kollegen weiter - stolz die Haende am Revers.

Deutschland so fern

Deutschland interessiert in Argentinien kaum jemanden. Das zumindest ergibt sich aus der verschwindent geringen Spuren, die sich im Alltag des suedamerikanischen Landes finden lassen. Die einzige Nachricht aus Deutschland, die es in den vergangenen Wochen in die Presse geschafft hat, war ein Aufmacher auf den hinteren Seiten ueber grosse Demonstrationen gegen die Nutzung von Atomenergie in Berlin, Hamburg, Koeln und Muenchen. Die Wahl in Baden-Wuerttemberg dagegen hat hier keine Aufmerksamkeit gefunden, genauso wenig wie die Qualifikationsspiele der Fussball-Nationalmannschaft von Jogi Loew - ganz im Gegensatz zu den Spielen von Spanien (gegen Lettland) und den Niederlanden (gegen Ungarn), deren Tore manche TV-Nachrichten regelmaessig aufs Neue gezeigt haben. Das einzige Trikot einer deutschen Mannschaft, dass die zahlreichen Fan-Souvenirshops mit internationalem Anspruch in Buenos Aires anbieten, ist das von Borussia Dortmund.
Auch in der Kultur findet Aktuelles aus Deutschland eher kaum Beachtung. In den alternativen Kinos laufen dagegen hauptsaechlich franzoesische und englische Produktionen. Nur der Film "El mundo es grande" nach einer Geschichte von Ilja Trojanow zeigt derzeit das Haus Artecine nahe dem Obelisk. Zu etwas Ruhm hat es immerhin Regisseur Fatih Akin geschafft: Im gleichen Kino erinnert ein riesiges Plakat an seine Komoedie "Soulkitchen" (Cocina de la alma), und im Fach fuer deutsche Filme im sonst sehr gut sortierten Geschaeft Zival`s (Corrientes y Callao) wartet sein "Gegen die Wand" (Contre la pared) zwischen einer Reihe von Romy-Schneider-DVDs und Klassikern wie "M - Eine Stadt sucht einen Moerder" auf einen Kaeufer.
Im Fach Deutsche Musik stehen ungefaehr zehn CDs mit Liedern von Marlene Dietrich, in Deutschland laengst wieder vergessenen Saengern aus der Weimarer Republik, den Comedian Harmonists und Schlagern von Christina Bach. Ein Plattenlanden in einer Passage, der sich auf alternative Musik spezialisiert hat, verkauft T-Shirst mit den Motiven von den Einstuerzenden Neubauten, Can und Kraftwerk (Name und Adresse des Ladens kann ich bei Bedarf weitergeben - ein Geheimtipp, aeussert schoene Band-T-Shirts gibt es hier, die man sonst nirgendwo bekommt).
Kulinarische Spuren aus Deutschland habe ich in Buenos Aires bisher fast keine gefunden. Allein ein Supermarkt, in dem ich war, fuehrt wenige Flaschen Beck`s Exportbier, eine Kneipe wirbt mit Warsteiner. Ansonsten verkaufen sie neben argentinischem Bier (Quilmes) hauptsaechlich Stella Artois aus Belgien. Bemerkenswert ist ein Imbiss, der Wraps beziehungsweise Enchiladas als "europaeisch" anpreist.

Uebrigens: Mich halten die Einheimischen hier meist fuer einen Hollaender. Noch nie hat mich jemand gefragt, ob ich Deutscher sei. Ich fuehle mich seit langem auch zum ersten Mal wieder blond - vielleicht vergleichbar wie ein Schwede bei uns, nicht voellig aus dem Rahmen, aber schon etwas anders im Aussehen.

Thursday 31 March 2011

Buenos Aires - Negros Aires

Tausende Collecitvos pressen sich durch das Schachbrettmuster, das sind Linienbusse, in einem Takt, dass manchmal drei ein und derselben Linie unmittelbar hintereinander fahren. Hinten furzen sie schwarze Rauchfaden raus. Dazu noch die Millionen Autos, Ford Falcons aus den Sechzigern, Ford Granadas aus den Siebzigern, alte Peugeots und knatternde Mopeds in sechsstoeckigen, zehn Meter breiten Haeuserschluchten - und wenn du schnell hinter einem wartenden Bus auf die andere Strassenseite willst, drueckt der Fahrer extra nochmal auf die Tube und macht dein gruenes T-Shirt dunkel.
Ich werfe jeden Abend mein Handtuch zum Wechseln auf den Boden, weil es nach dem Duschen und Abtrocken rabenschwarz ist. So laengst auch die einst weissen Streifen an den Seiten meiner Strassenturnschuhe. Und trotzdem - ist doch egal: Ich bin hier und komme wieder, noch etwa 387 Mal.

Wednesday 30 March 2011

Chronik eines Überfalls

Der belebte Platz vor dem Congress-Gebaeude in Buenos Aires scheint mir ein schlecht gewaehlter Platz fuer einen Ueberfall. Dazu noch um halb zehn Uhr morgens. Aber gerade als ich die ersten Schlucke meines  vierten Kaffees fuer den Tag in meinen Rachen goss, hat sich ein unerschrockener Mann mit der Erscheinung von Nationalstuermer Carlos Tevez aufgemacht, seinen grossen Coup zu laden.
Zuerst war der Mark erschuetternde, langanhaltende Schrei einer jungen Frau zu hoeren. Ich sass gerade auf meinem Stammplatz am Fenster meines Lieblingsbistros, konnte aber nicht gleich feststellen, aus welcher Richtung er kam. Auch die Leute draussen gingen erstmal ihren Geschaeften nach. Als aber der zweite Schrei einsetzte und ebenfalls ziemlich lange anhielt, drehten sich die ersten in Richtung einer Bushaltestelle um. Ich konnte zwar immer noch nicht die Frau sehen, bemerkte dann aber diesen Typ knapp vor meinem Fenster, wie er mit seinem Drahtesel auf die Strasse stolperte und es dann auch schaffte, aufzuspringen und zu einer ausgiebigen Fahrradtour aus meinem Sichtfeld hinaus anzutreten.
Dann ging alles sehr schnell. Aus allen Ecken kamen die Leute geschossen, welche in normaler Kleidung, Geschaeftsleute, Studenten und ein ganzer Pulk an Kellnern - so auch meiner - und rannten dem Typ hinterher. Auch ich ging jetzt raus, um mal zu sehen, wie das hier so ablaueft. Die Frau hoerte mit dem Schreien uebrigens immer noch nicht auf und steckte mit ihrem Organ locker den gesamten Verkehr in die Tasche
Draussen auf dem Congress-Platz (ca. 200 mal 100 Meter) herrschte fuer einen kurzen Moment voelliges Chaos. Ich konnte nur hoeren, wie ein Mann einem anderen erzaehlte, dass der Kerl auf dem Fahrrad wohl versucht habe, die Frau zu ueberfallen. Schon ziemlich dreist auf diesem Platz, der zwar stark, aber nicht so sehr belebt ist, dass man hier gleich in der Menschenmasse verschwinden kann. Der Taeter war also entweder ein Vollprofi oder ein voelliger Dummkopf.
Zu vermuten waere vorsichtig letzteres: Der Mop hat den Kerl tatsaechlich noch gekriegt. Auch ein Polizist war schon zur Stelle und drueckte den Kerl auf den Aspahlt. Damit hatte es sich fuer die Horde an aufmerksamen Zeitgenossen auch schon, die sich jetzt schnell wieder um ihren eigenen Kram kuemmerte, ohne sich wieder umzudrehen. Das spricht dafuer, dass das hier wohl gar nicht so selten passiert.
Ich war der einzige, der als Schaulustiger zurueckblieb. Ich hielt mich aber einige Meter entfernt an der Haeuserwand auf. Um das Opfer kuemmerte sich inzwischen niemand mehr. Es war ein Maedchen zwischen 16 und 18 Jahren, einen halben Kopf kleiner als ich und offensichtlich Schuelerin mit einem rosafarbenen Rucksack, den die Kleine jetzt vor sich an der Brust trug wie ein Baby. Sie kam langsam die Strasse runter, waehrend der Polizist und ein kraeftiger Mann den Dieb auf die Strasse drueckten, stellte sich etwa zwei Meter neben mich und heulte wie ein Schlosshund von aller Welt allein gelassen. Ich hatte schon den Implus, ihr irgendwie was Nettes zu sagen, aber dann dachte ich mir, dass sie moeglicherweise erstmal die Schnauze voll hat von fremden Maennern. Kann aber auch sein, dass sie sich neben mich stellte, weil ich ihr einigermassen koscher vorkam, und bie mir sowas wie sichere Ruhe fuehlte. Keine Ahnung. Jedenfalls stand sie geschlagene fuenf Minuten weinend neben mir und wischte sich immer wieder verzweifelt die Traenen von den Wangen. Inzwischen kreuzten schon Passanten, die von der Sache gar nichts mitgekriegt hatten und uns ganz komisch ansahen, wie wir da so standen - ich und die Kleine am Heulen.
Nach ewigen Augenblicken traf dann endlich ein Polizeiwagen ein. Zwei uniformierte und mit Waffen wie Funkgeraeten schwer beladene Maenner stiegen aus, filzten den Typen, warfen seinen Pass auf den Boden, drehten seinen Rucksack drei Mal nach links und wendeten sich dann mit einem Formular endlich dem Maedchen zu. Ein zweiter Streifenwagen kam und nahm die Kleine mit.

Tuesday 29 March 2011

Und Schluss mit den Klischees

Heute Nacht gegen drei, waehrend ich schon schlief, hat jemand versucht, in mein Zimmer zu kommen. Ich bin davon wach geworden, wie Señor Besuch die Klinke nach unten drueckt und die Tuer im Rahmen hin und her presst. Aber ich hatte ja zum Glueck abgesperrt, mein Guter.
Anschliessend ging dann der Aufzug etwa 20 Mal rauf und runter. Und wer weiss, wie laut das hier ist, kann sich denken, wo jetzt gerade, um halb zehn, meine Augenlider stehen. Etwa auf halb zehn. Auf Fruehstueck ist mir auch noch bei Leibe nicht. Mir haengen die Medialunas schon aus den Ohren raus. Aber wenigstens schmeckt der Kaffee hier aus irgendeinem Grund zwanzig Mal besser als der in Deutschland.
Und wenn wir schon dabei sind - das Essen: Ich als Vegetarier habe mir mal zum Test beim einem Tenedor-Libre-Essen, freies Buefett, ein Stueck Bife de Chorizo (das beruehmte argentinische Rindersteak), eine Chorizo (eine hier typische Grillwurst) und eine schwarze Blutwurst vom Grillmeister auf den Teller legen lassen.
Besonders ekelhaft war die Blutwurst, die - kaum mit dem Messer beruehrt - aus mehreren Loechern im Darm ihre dunkelrote Fleischmatsche freigegeben hat. Der Geschmack stand dieser umwerfenden Aesthetik in nichts nach. Zur beruehmten Parilla, eine Fleischplatte, gehoeren dann noch Nieren und allerei Kleinkram, den ich nicht identifizieren kann.
Ich habe von meinen drei Sachen je einen Bissen genommen und den Teller dann fast noch voll auf den Abraeumwagen gestellt. Man sollte es zumindest mal getestet haben. Auf Fisch verzichte ich, nachdem bei meinem vorigen Besuch vor fuenf Jahren einer mal mit meinem Magen Tango getanzt hat. Auch diesmal uebrigens habe ich es bereits geschafft, meine Toilette zu sprengen und bin der festen Ueberzeugeung, dass die Reinemachefrau mich nicht leiden kann. Die neue Toilettenpapierrolle hat sie nicht in die Halterung, sondern auf mein Bett gelegt.
Fisch und Fleisch sind aber nicht noetig. Man kommt hier als Vegetarier erstaunlich gut weg. Es gibt spezialisierte vegetarische Restaurants, bei denen die Speisen dazu noch keineswegs nach Topf schmecken. Was man hier ausserdem gut essen kann, sind die Mozzarella-Pizzen. Die sind als Imbiss akzeptiert, eine Scheibe mit 30 Zentimeter Durchmesser und einer fingerdicken Mozzarella-Schicht drauf. Die Kaese-Faeden koennen bis zu zehn Meter weit gezogen werden. Diese riesige Pizza kostet weniger als drei Euro. Da fragt man sich, wie die Frauen hier ihre Linie halten koennen. Aber jetzt, da ich inzwischen als Single ein offeneres Auge dafuer habe, kann ich getrost auch in dieser Sache mit einem Klischee aufraeumen.
Eine 30-Zentimeter-Pizza ist natuerlich auch gross genug zum Teilen. Und das kann ich dann auch bald. Der Treffpunkt mit Monsieur Kumpel Guillermo aus Santigo am Freitag ist schon abgemacht - selbstverstaendlich nicht minder prominent als vor der Casa Rosada. Und auch Psychologin Maria Laura hat sich gemeldet, mit einer Mail so lange, dass man das Scrollraedchen an der Maus sechs Mal drehen muss. Sobald sie sich frei machen kann, von ihren zwei Jobs, treffen wir uns. Tja, dann bin ich mal gespannt.

Monday 28 March 2011

Alex braucht eine Psychologin

Nein, Mesdames et Messieurs, Couchsurfing ist nicht die Loesung. Von den tollen Treffen mit Einheimischen, den "Porteños", die ich mir erhofft hatte, ist bisher nicht eines zustande gekommen. Es ist nicht das erste Mal, dass vieles ueber diese Community ins Leere laeuft. Obwohl ich ja diesmal im Vorfeld viel kontaktmaessig investiert habe, hat sich von den Damen und Herren seit Cande jetzt auf einmal nur noch sage und schreibe eine gemeldet.
Am Samstag um 19 Uhr schickt Journalie Romina - das sich aber auch immer wieder gleich und gleich gesellen muss, und das auch noch im Urlaub - mir eine Mail, dass sie mit einer Freundin am selben Abend zu irgendeiner Installation von irgendeinem Kuenstler irgendwohin rausfaehrt, und ob ich nicht mitkommen wolle. Also, ob wir uns nicht "summerien" wollen, sagt sie. Klar, und ob, dachte ich mir um 23 Uhr, als ich die Mail fand. Da war sie wohl schon weg. Ich habe aber trotzdem gleich mal die Nummer ausprobiert, die sie mir geschickt hat. Einfach irgendso eine Zahl ohne Null davor. Hat auch nicht funktioniert, die Zahl. Und als es mit der argentinischen Vorwahl zusammen auch nicht geklappt hat, habe ich wieder eine Mail geschrieben und seitdem keine Antwort mehr gekriegt. So, Feierabend. Jetzt habe ich als letzten Versuch noch mir eine Maria Laura rausgesucht. Die ist neu im Geschaeft und Psychologin - sowas kann ich jetzt vielleicht gebrauchen.
Bevor das hier jetzt aber zu einem riesigen Couchsurfing-Test mutiert, mache ich lieber weiter mein eigenes Ding. Das Wochenende war heftig, wie es der Zufall will eine "Nacht der Kultur" mit tausend Konzertchen und ich mit oben auf der Welle. Gut so. Nicht, dass ich wieder zu Hause nur ueber Filme erzaehlen kann. Ich war seit Freitag sechs Mal im Kino, unter lauter europaeischen Produktionen war nur eine einzige argentinische zu finden. Der Film ist aber super: Un cuento chino. Duerfte in fuenf Jahren mal auf Arte zu sehen sein. Es lohnt sich schon jetzt dafuer fleissig ein Kreuzchen in den Kalender zu zeichnen! Laengst bei uns durch ist "A l'origien" aus Frankreich von 2009. Bisher fuehrend in meinem privaten Buenos-Aires-Film-Festival.

Sunday 27 March 2011

Das Lied der Stunde

Brauche ich nicht mehr auf meinem Player abzuspeichern. Er kann es inzwischen auch schon von alleine singen - The Cure

http://www.youtube.com/watch?v=ukyQna7tnPY

Friday 25 March 2011

Gratis Umarmungen und schlimme Neuigkeiten

Der Feiertag gestern entpuppte sich unerwartet als wilde Party. Ich dachte, das lag beim vorigen Mal wegen des runden Jubilaeums (30 Jahre). Aber am fruehen Nachmittag fuellten sich die Strassen mit Massen an Menschen. Alle haben getrommelt oder Musik gespielt, getanzt und gefeiert - bis in die Nacht hinein. Zwischendurch fand ich heraus, dass die Casa Rosada, also das Regierungsgebaeude, fuer alle offen stand. Klar bin ich da auch noch rein - also diesmal in einer offiziellen Fuehrung. Danach gings aber wieder ab in den Menschenmassenpool. Da gabs auch ordentlich "gratis Umarmungen" und Bier.
Heute aber ist die Stimmung ein wenig dahin. Ich hatte inzwischen meine Couchsurfing-Leute angeschrieben. Und um die Treffen etwas zu steuern, war zuerst die mir liebste dran - Cande, eine 33-jaehrige Theaterdirektorin, mit der ich schon seit zwei Monaten einen sehr herzlichen E-Mail-Kontakt habe. Bei ihr ist jetzt aber was Schreckliches passiert. Bei ihrer juengeren Schwester haben sie einen Hirntumor entdeckt, und sie muessen sofort operieren. Und wie Cande sich fuehlt, kann man sich denken. Sie ist nach Hause nach Cordoba und entschuldigt sich auch noch tausend Mal. Das zieht mich doch ganz schoen runter, und laesst mich auch irgendwie auf die Bremse treten. Deswegen werde ich mich heute wohl eher nur etwas treiben lassen. Vielleicht gehe ich ins Kino - Film und 0,5er Bier kosten zusammen um die 5 Euro. Cande meint, sie habe die Mail an mich an ihre Freunde weitergeleitet, falls jemand Lust habe, mich zu treffen. Tja, mal sehen, was ich davon halten soll. Im Text steht noch: "E, chicas, un aleman!!!"

Zu den Preisen in Argentinien: Wie ich inzwischen herausgefunden habe, bekommt man fuer einen Euro etwa 5,7 Pesos, also ungefaehr 1:6. Ich wohne gerade in einem kleinen Hotel in einer Seitengasse der Avenida de Mayo, dem Rueckenmark zwischen Casa Rosada und Congress. Hier bezaehle ich fuer ein Einzelzimmer mit Fernseher und Bad nicht mehr 20 Euro. Es ist das Gran Hotel España. Mein Fenster geht in den Innenhof, ich hoere nichts vom Verkehr. Fruehstueck gibts keins. Das Fenster ist nicht luft-, aber blickdicht - nichts fuer den hiesigen Winter. Jetzt im Spaetsommer sehr angenehm. Auf ein Hostel habe ich keine Lust. In ganz billigen kann man sogar auf nur drei Euro pro Nacht kommen. Ich werde aber noch mehrmals umziehen. Ein Milchcafe mit drei Medialunas, festeren Croissants, zahlt man in Congressnaehe im Bistro zwei Euro. Dazu gibts noch gratis ein Glas Wasser und ein Glas Saft. Wer uebrigens fuer seinen Argentinienbesuch was wissen moechte, kann mich gerne fragen.

Thursday 24 March 2011

Sex im Congress

Mein erster Morgen hier gehoerte meinen tiefgruendigen politischen Studien. An der Seite vom grossen Congressgebaeude hier ist eine offene Tuer. Ich bin dort vor fuenf Jahren schon rein und hatte es bis in den zweiten Raum geschafft. Jetzt haben sie mich gleich an der Eingangstreppe empfangen. Ich habe den leichten Verdacht, dass sie daraufhin gleich den passenden Schluessel gesucht haben, also ist der Tipp wohl nichts mehr zum Nachmachen. Aber ich habs noch geschafft. Nach einer kleinen Diskussion waren sie dann bereit, mich einmal komplett reinzulassen. Welch Ehre. Sie setzten mich auf eine total veraschte Ledercoach, und nach ein paar Minuten kam dann eine junge Congress-Angestellte, um mir den Empfangsraum mit zwei riesigen Gemaelden, die wichtigste Bibliothek des Landes, wie sie sagte, und den grossen Parlamentssaal zu zeigen. Einfach so. Da warne wir dann alleine drin. Ich durfte auch filmen. Leider hab ichs nicht drauf, wie sie mir schnell noch nen Kuss auf die Backe drueckt - tja, wer im Congress arbeitet, hats drauf, was nicht vor die Linse darf. Also ich kann nur sagen: Mit der Politik hier ist alles bestens!
Mit dem Wetter irgendwie nicht. In der Zwischenzeit hats heftig zu regnen begonnen. Ohne Schirm keine grosse Schau. Aber da kam mir die glorreiche Idee, mich von den Passanten immer ein Stueck weit mitnehmen zu lassen. So wurde ich nicht nass und hab mit einem Schlag unglaublich viele Menschen hier kennengelernt. So eine Carla zum Beispiel hat mir erklaert, in welchem Bistro sie Kaffee kocht. Aber ich hab leider nicht verstanden, wo genau. Also, jeder, der mal alleine unterwegs ist und sich auch so fuehlt, kann gerne mich unterwegs zitieren, wie der schoene Gutti sagt. Ich bin von jedem unterm Schirm herzlich empfangen worden - man sieht ja auch schon vorher, wie die Leute in etwa gelaunt sind. Allerdings muss es dazu natuerlich regnen.
So, genug. Hier ist zwar Feier-Gedenktag, und alles hat zu. Aber ich werd schon was Cooles finden. Wer es wissen will: Heute vor 35 Jahren kam in Argentinien eine Militaerjunta an die Macht, unter deren Fuchtel etwa 30 000 kritische Menschen gefoltert und bei vollem Bewusstsein gefesselt ueber dem Atlantik abgeworfen wurden. Seit 1983 gibt es hier wieder ein Demokratie, und der Slogan lautet: Nunca mas. Niemals wieder!

Tuesday 22 March 2011

Buenos Aires!!!

Ja, Ihr, die Ihr jetzt mit dem Kopf nach unten haengt - Fortsetzungsgeschichte liegt auf Eis, ich bin nach Buenos Aires gereist. 18 heisse Tage warten auf mich. Zwei von fuenf T-Shirts sind schon verschwitzt. Trotzdem bin ich noch mit den Schuersenkel in den Startloechern haengen geblieben. Mein Ruecken schmerzt wie ein Pferd.
Ich hatte schon meinen 17-Kilo-Rucksack auf die Flughafenwaage zum Abgeben gelegt. Da stoert mich ein Gurt, der ueber den Rand schaut. Ich beuge mich zu ihm runter und zack, fetzt ein fuerchterlicher Schmerz durchs Steissbein oder was da sonst so ist. Seitdem laufe ich wie ne 5 durch die Gegend. Aber es wird langsam besser, das viele Gehen tut gut. Am Anfang wars so heftig, dass ich beim Kaffeebestellen tatsaechlich fast vor Schmerz ohnmaechtig umgekippt waere. Aber ich waere auch ins Flugzeug gekrochen, wenn es haette sein muessen.
Sonst ist alles bueno. In zwei Wochen kommt noch ein Kumpel von mir dazu, der jetzt in Santiago de Chile wohnt. Und dann hotten wir ne Woche zusammen durch die Stadt. Ich hab noch Couchsurfing-Leute auf dem Plan, aber bei denen melde ich mich morgen erst oder so. Obwohl ich ja schon kraeftig gespannt bin auf die Herr- und Damenschaften. Erstmal ruhig Blut. Gott sei Dank verstehe ich hier die Leute ziemlich gut. Mit Spaniern kann ich mich ja fast gar nicht unterhalten - ist also doch ganz schoen gross der Unterschied mit der Sprache. Was mir noch fehlt, ist eine Art Plan, wieviel inzwischen hier so der Peso wert ist. Ist es immer noch 1:3, ist es hier schweineteuer geworden. Koennte ne Erklaerung sein, warum mich die Leute auf der Strasse immer so anstarren, wenn ich meine neue coole goldbraune Riesensonnenbrille aufsetze.

Thursday 3 March 2011

Das Lied der Stunde

Hat mir mein Autoradio gleich als erstes in mein Gedächtnis geshufflet - Die Micragirls!

http://www.youtube.com/watch?v=aP-kgyc5dDE

Tuesday 8 February 2011

Und plötzlich ich in Afghanistan

Zack, sitz ich tatsächlich auf dem Beifahrersitz von so 'nem Jeep, und ein Typ mit Männerkopftuch, der Mother heißt, neben mir, am Lenkrad, gibt mir hektisch Anweisungen und buckelt uns durch ein paar Hügel. Ich hab noch nicht den geringsten Plan, was ich überhaupt machen soll, und guck mir von den andern ab, wie die ihr Ding in der Hand halten. Mach ich lieber mal auch. Plötzlich knallt ne Bombe vor uns. Alle müssen aussteigen. Mama hat ne Waffe. Wie ich urplötzlich. Um uns herum schießen Taliban, aus allen Ecken. Aber ich steh erst mal nur rum und gucke. Mittendrin, auf so einer Straße. Ich will ja auch rennen, aber stattdessen guck ich sekundenlang steil in den Himmel, dann ewig auf den Boden und meine Schuhe. Ich renn gegen ne Wand, und hör nicht damit auf, auch als ich schon mit dem Gewehrlauf dran hänge, schieße Löcher rein mit meiner "AK", krieg irgendwie die Kurve und schlüpfe in so einen Raum von nem zerschossenen Haus. Hier ist es komplett dunkel. Und egal, welche Register ich ziehe - ob Hüpfburg-Style, Sidestep-Switch oder Wiegeschritt - ich find' den blöden Ausgang nicht mehr. Hilft nur noch eins: Ich packe ne Handgranate aus und sprenge mich selbst in die Luft. Neu-Start. Ich hätte das auch mit der Start-Taste auf der Mitte des Pads machen können, sagt da einer. Aber, Ladies, ich hab doch Stil!

Thursday 3 February 2011

Alex hat einen Blog!

New York Times: "Leute, ruft eure Katzen rein und macht die Schotten dicht!"